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Buchtipp | David Graeber - Bullshit Jobs


Zum heutigen casual friday mal einen (privaten) Buchtipp. Bald ist Weihnachten und abgesehen von den Rechtsanwaltskollegen, die bis zur letzen Sekunde des 31.12. Fristen einhalten müssen und voller Angstschweiß das stockende Faxgerät beobachten, können wir Unternehmensjuristen uns die Zeit und Muße gönnen und mal ein Buch lesen (Ironie!).

 

Mit dem Vorsatz "mal wieder etwas fachlich in englisch" zu lesen bin ich bei David Graebers Buch "Bullshit Jobs" gelandet. Also eigentlich kein Jura oder sonstiges Randgebiet, denn David Graeber war (leider kürzlich verstorben) Professor für Anthropologie der London School of Economics und war mir vorher offengestanden unbekannt.

 

Nachdem ich in der Buchhandlung meines Vertrauens die ersten Seiten gelesen hatte war ich aber sofort neugierig geworden, denn dort beschreibt Graeber die modernen Jobs, die er haarklein noch als Bullshit definieren soll. Dazu gehört auch der "corporate Lawyer" (sic!), also der Beruf, den ich selbst seit 2014 ausübe, auch wenn man die Funktion hierzulande gerne Syndikus, Syndikusanwalt oder Justiziar oder neudeutsch (altenglisch) Legal Counsel bezeichnet.

 

Ich war der Argumentation zum Thema Bullshit Jobs spätestens seit Kapitel 2 widerspruchslos ausgeliefert, denn der Alltag sah/sieht bei den Arbeitgebern, die ich erlebt habe als corporate Counsel ganz ähnlich aus. Vielfach wird erwartet, dass man  auf Abruf sozusagen "Feuerwehr" spielt oder mal eben schnell eine legal due dilligence beurteilt für einen M&A-Deal über ein paar Millionen Euro; übrigens sind Unternehmensberater auch in den Buch schlecht weggekommen.

 

Einen wirklich guten Artikel zu dem Buch findet sich auch in der NZZ vom 18.09.2018 - Unseren täglichen Bullshit gib uns heute.

 

Welchen Schluß ziehe ich daraus?

Als Jurist, der in Unternehmen tätig ist und das gerne, gibt es Rechtfertigungen für den Job, die aber eher grundsätzlicher Natur sind. So ist es schlicht günstiger einen Juristen als Angestellten im Unternehmen zu haben als alles über externe Rechtsanwälte abzuwickeln. Allerdings darf sich der Jurist nicht auf den Lorbeeren ausruhen, sondern muss vielmehr das Vertrauen besitzen in dem Unternehmen, um frühzeitig als "Problemlöser mit juristischem Sachverstand" (Prof. Dr. Bruno Mascello) einen Nutzen zu bringen.

 

Für mich gehört Digitalisierung an erster Stelle dazu, auch und insbesondere im Bereich Recht! Einfache und sich wiederholende Aufgaben muss man automatisieren und kann den Mandanten im Unternehmen durchaus zutrauen mit modernen Tools aus dem Bereich des sog. legal tech selbst zu arbeiten. Sei das nun eine Anwendung wie LawLift zur Erstellung von Verträgen oder NINOX zur Ablage von Verträgen sowie zum Verwalten ganzer Bereiche, wie (Legal) Risk Management, Compliance, Datenschutz etc.

 

Leider laufen wir Juristen der Zeit allzu oft hinterher. Das ist der Fehler, der schon mehrfach dazu geführt hat, dass die Steuerberatung heute kaum noch von Juristen gemacht wird und einige andere Jobs den Juristen längst verdrängt haben. Es zeichnet sich aber für mich ab, dass wir denselben Fehler immer und immer wieder machen, wie beispielsweise beim Angriff auf junge Unternehmen oder Start-Ups aus dem Bereich legal tech - zum Beispiel hier durch das Landgericht Köln.

 

Macht weniger Bullshit Jobs, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ach so, lest das Buch ;-)